Gerade habe ich einen Artikel von Dre. Muriel Salmona
(présidente de l’association Mémoire Traumatique et Victimologie)
gelesen (über Prostitution) und möchte einen Auszug daraus posten.
Es geht u.a. auch um Prostitution und Dissoziation. Ich habe dieses Thema zwar schon mal aufgegriffen, aber ich finde diese nachfolgenden Zeilen so grandios formuliert, dass ich sie hier online stellen möchte.
Vor allem der letzte Absatz ist Gold wert – viele sollten sich das zu Herzen und vor allem zu Verstand nehmen, wenn sie auf sogenannte „freiwillige“ Prostituierte treffen und von deren „Freiwilligkeit“ überzeugt sind.
Hier der Auszug:
„Faced with extreme violence, a person is going to end up as detached,
emotionally anesthetized with a feeling of emptiness, unreality
and depersonalization, as if she were foreign to the events; she can even smile
automatically in a discordant way, or even laugh, disconnected from her
body which seems to be a foreign body, a dead body, insensitive
(Trinquart, 2002).
The lack of reaction, emotion and pain felt is convenient for all players in
the prostitutional system, this will allow customers to exert the worst
humiliations and sexual assaults without emotional hindrance, the
prostitute will remain docile and smiling… This dissociation is very
dangerous for prostitutes, it makes them bear the unbearable and it
worsens the total absence of customer empathy.“
Höchstwahrscheinlich ist aus diesem Grund auch der falsche Name so wichtig – kommt mir so, wenn ich beim Lesen in mich hineinfühle und mich erinnere.
Meinen realen Namen zu bewahren und zu schützen war mit das Wichtigste in diesem Job.
Und der gewählte Name für die Rolle als Hure wurde derart präsent; derart „echt“, dass ich nahezu vergaß, wie ich wirklich heiße.
Man baut sich (scheinbar) eine Persönlichkeit im „Beruf“ auf, die derart die Oberhand gewinnt, dass man zwar immer GLAUBT, man hätte eine – aber sobald man aussteigt muß man erkennen, dass mit dem Anschaffen auch die vermeintliche Persönlichkeit verschwindet.
Und am Ende fühlt man sich wie ein Nichts.
Pure Leere.
Ein ausgeschüttetes Gefäß ohne Inhalt.
Nichts bleibt.
Wer ist man?
Wer war man und was fühlt und will man?
Es ist nichts da, außer einem großen Loch.
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Ja… so ist es. Auch die unterschiedlichen Namen sind gewiss ein Teil dieser Depersonalisation. Meinen echten Namen habe ich auch jahrelang fast nie gehört, immer nur „Künstlernamen“, so wurde es verschönert genannt. Es hat meinen echten Namen im Milieu nicht mehr gegeben. Es hat MICH nicht gegeben.
Und du hast recht – es bleibt nichts, außer einem großen Loch.
❤
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