
Wichtige Info und ein paar Worte, die mir auf dem Herzen liegen:
Ich bitte davon abzusehen, mir (journalistische) Anfragen zu senden, die nur darauf aus sind, wieder hauptsächlich nur meine Geschichte im Fernsehen oder in der Zeitung oder sonst wo zu zeigen („Only-Story-Telling“).
1. Meine Geschichte (bzw. Ausschnitte davon) lief schon mehrere Male im TV sowie in diversen Zeitungen. Ich bin keine Schallplatte. Ich bin auch nicht an der Öffentlichkeit, um nur meine Geschichte jeden Monat hoch- und runter zu erzählen. Meine Geschichte gehört zu mir und ist mein Antrieb, aber sie ist nicht mehr meine ausschließliche Gegenwart. Meine Gegenwart ist meine Arbeit gegen ein menschenverachtendes und ausbeuterisches System und diese Arbeit beinhaltet weitaus mehr als ständig nur auf die „Repeat-Taste“ zu drücken.
2. Ein generelles Problem, das Betroffene auf nationaler und internationaler Ebene haben: sie werden oftmals allein auf ihre Geschichte reduziert. Als wären sie ihre Geschichte. Vor allem dann, wenn sie keine (akademische) Ausbildung haben. Sie sollten und dürfen aber nicht nur auf ihre Geschichte reduziert werden. Sie SIND NICHT ihre Geschichte, sondern sie HABEN eine Geschichte, wobei diese der Grund ist, weshalb sie aufklären möchten. Diesen großen Unterschied verstehen manche nicht oder wollen ihn nicht verstehen – aus Sensationslust vielleicht – und definieren Betroffene häufig allein anhand ihrer Geschichte. „Gib mir den Horror-Part deiner Geschichte, alles andere was du zu sagen hast ist schlechter für die Zuschauerquoten und Geldeinnahmen, brauchen wir also nicht.“ So ähnlich ist es leider oft. Ich arbeite nun schon Jahre in diesem Bereich, mit vielen Medien und Menschen, mit vielen Betroffenen, und die Wahrheit ist, sie werden nicht selten einer absolut unguten und auch gefährlichen Sensationslust ausgesetzt, was zu einer Retraumatisierung führen kann (ich kenne solche Geschichten mittlerweile).
Im Englischen gibt es ein bedeutendes Wort im Rahmen von Menschenhandel und Ausbeutung: „Re-Exploitation“ (die „Wieder-Ausbeutung“ nach der Ausbeutung). Im Hinblick auf das Engagement von Betroffenen, die über die Missstände nach ihrer Ausbeutungszeit aufklären möchten, bedeutet „Re-Exploitation“ das Phänomen und Problem, dass es (nicht wenige) Menschen gibt, die mittels der Geschichten und Aussagen und der Arbeit von Betroffenen, die den Mut fassen aufzuklären, versuchen sich selbst eine Karriere aufzubauen und/oder Geld zu machen und die Betroffenen, die nicht selten noch instabil und vulnerabel sind, dafür ausnutzen. Eine richtig miese Nummer. Leider fahren manchmal auch solche Menschen, die nach außen hin für die Rechte von Betroffenen kämpfen, diese Schiene. Das ist dann besonders traurig. Da ich mittlerweile auch viel international vernetzt bin, kann ich sagen: ein weltweit verbreitetes großes Problem.
Hier möchte ich auch gleich noch eine Sache ansprechen, die gerade dazu passt: meine Gedanken, Analysen und Lösungsansätze, über die ich spreche, aber auch hier kostenlos für jedermann zum Lesen niederschreibe, beruhen auf über 6 Jahren eines Kreislaufs aus Missbrauch und Gewalt, in dem ich war, und jahrelanger, oft nervenaufreibender, Aufarbeitung danach. Wer meine Inhalte einfach nimmt und als seine Inhalte deklariert, verletzt nicht nur das Urheberrecht, was im Übrigen eine Straftat ist, sondern es ist einfach nur respektlos. Dieses Problem kenne ich von mehreren Betroffenen, daher: es ist normalerweise das Selbstverständlichste der Welt fremden Content als solchen zu kennzeichnen. Macht das doch bitte anstatt zu plagiieren. Betroffene von Ausbeutung haben genug Ausbeutung erlebt, man muss ihnen nicht auch noch ihr geistiges Eigentum stehlen, das sie aus der Erfahrung ihres Missbrauchs geschaffen haben. Jeder, der das tut, missbraucht sie in einer ganz üblen, anderen, Form ein weiteres Mal. Jeder, der das tut, sollte auch nicht über Ausbeutung aufklären, denn er beutet die bereits Ausgebeuteten selbst in einer bestimmten Form aus. Das muss ich leider so deutlich sagen, denn ich habe die Nase voll von Menschen, die auf dem Rücken von Betroffenen und deren Leid eine Karriere und/oder „Fame“ anstreben. Es ist so dermaßen geschmacklos und unterirdisch.
Nun weiter: Betroffene haben vor allem eines aufgrund ihrer eigenen Erfahrung: Wissen. Wissen, wo die Probleme liegen, was verbessert werden muss, wo man anpacken kann, wie man anderen am besten helfen kann, usw.
Als Betroffene von Menschenhandel und (Zwangs-)Prostitution habe ich vor meinem Jurastudium auch über 6 Jahre das Leben im Rotlicht und dessen Akteure „studiert“. Ich habe viel zu erzählen jenseits des „Only-Story-Telling“ und tue das auch. Ich möchte helfen, anderen zu ersparen, was mir selbst passiert ist. Das kann ich am effektivsten dadurch, dass ich mein Wissen weitergebe, das ich im Laufe meiner Zeit im Rotlicht und nachfolgender jahrelanger Reflexion und Aufarbeitung erlangt habe, und nun als Juristin (Univ.) noch auf ganz anderer Ebene einordnen kann. Nur ein Bruchteil von dem, was ich mache, bekommt die Öffentlichkeit auch mit. Ich beschäftige mich mit diversen Problemen, Analysen und Lösungsansätzen und gebe diese weiter.
Mit welchen Anfragen könnt ihr euch also an mich wenden? Ich habe zwar gerade sehr wenig Zeit, da ich an ein paar wichtigen Baustellen arbeite, und entschuldige mich für jede (bisher) unbeantwortete E-Mail, aber grundsätzlich könnt ihr euch melden, wenn es um folgende Dinge geht, für die ich aufgeschlossen und in denen ich erfahren bin und die ich auch die letzten Jahre oft gemacht habe, weil genau das etwas bringt und dabei hilft langfristig zu einer Veränderung beizutragen:
1. Bildungsangebote, Schulungen und Fachvorträge zum Thema Menschenhandel und (Zwangs-)Prostitution für Fachkräfte und Ehrenamtliche aus allen Bereichen (ich habe beispielsweise Mitte November einen halben Tag lang Fachkräfte aus den Bereichen Jugendarbeit, Sozialarbeit und Polizei zum Thema „Loverboys“ geschult: Prävention, Identifikation von Opfern und Strafverfolgung, psycho(trauma)logische Mechanismen, Täterbindungen, usw.)
2. Bildungsangebote speziell auch für Kinder, Jugendliche und Heranwachsende – Prävention, Sensibilisierung je nach Altersklasse und psychischer Konstitution, Aufklärung in Schulen, Kinder- Jugend- und Sozialeinrichtungen für Kinder und Jugendliche (hier ein Text von mir darüber, den ich nach einer meiner Aufklärungsveranstaltungen in diesem Bereich geschrieben habe: https://sandranorak.com/2021/03/25/aufklarungsarbeit-in-schulen/)
3. Rechtliche Fragen zu den Themen Prostitution, Zwangsprostitution und Menschenhandel („Loverboys“)
4. Fragen zum Nordischen Modell
5. Beratung im Hinblick auf das gesamte Themengebiet