Ich habe bei einem Podcast aus Nürnberg mitgemacht, der unter dem Dach des Verlags Nürnberger Presse entsteht, zu dem auch die Nürnberger Nachrichten und nordbayern.de gehören. Über 1 Stunde Platz wurde mir da eingeräumt. Am Anfang hatte ich Zweifel, ob ich zu diesem Podcast zusagen soll. Diese Stadt bereitet mir auch heute noch Bauchschmerzen. Gerade deswegen war mir das Gespräch aber auch wichtig. Menschen sollen vermehrt hören und sehen, was unter anderem auf öffentlichen Straßen an der Nürnberger Frauentormauer geschieht:
Verbrechen an Menschen, an Frauen, an den schwächsten und vulnerabelsten dieser Gesellschaft.
Ich bin müde es immer und immer wieder wiederholen zu müssen, aber was ist meine Müdigkeit gegen das, was die Frauen da durchmachen müssen (auch wenn sie es selbst meist noch nicht äußern können, weil sie es nicht äußern dürfen)? Nichts. Ich muss hier auf die Repeat-Taste drücken, ich sehe mich in der Verantwortung. Wenn nicht diejenigen reden, die wissen, was dort stattfindet, wer dann? Ich möchte, dass die Lichter des Rotlichts an diesem Ort irgendwann ausgehen – ich möchte natürlich, dass sie überall ausgehen, nicht nur in Nürnberg und den umliegenden Städten, in denen ich war. Und wenn die Lichter ausgehen, wünsche ich mir, dass die Frauentormauer ein Denkmal wird und zwar ein Denkmal der Grausamkeit von Menschen und ein Denkmal davon, wie viele Frauen hier Gewalt erfahren und ihre Seele verloren haben und dabei noch ganz legal in Fenstern zur Schau gestellt wurden. Ein Denkmal, das daran erinnern wird, es nie wieder zuzulassen. Danke an das Podcast-Team, das mir mit dieser Podcast-Folge die Möglichkeit gegeben hat, auch das sichtbarer zu machen, was viele nicht sehen können oder auch nicht sehen wollen.
Aus dem Zeitungsartikel zum Podcast:
„In unserem Podcast „heiß & innig“ erzählt Sandra in bewegenden Worten von ihrem Schicksal. Im Gespräch geht es diesmal weder heiß noch innig zu. Sandras Worte bedrücken vielmehr, rütteln aber gleichermaßen auf, denn diese Frau hat zwar Fürchterliches erlebt, aber ganz klare Ziele.
Sandra Norak hat das Abitur nachgeholt, seit einem Jahr das Jurastudium abgeschlossen und will nun Anwältin werden, um ihr Engagement gegen Zwangsprostitution auszuweiten. Sie will aufklären, um zu verhindern, dass es anderen jungen Frauen wie ihr ergehen könnte.
Für Sandra Norak steht fest: Prostitution macht Frauen kaputt, sie lehnt daher den in ihren Augen beschönigenden Begriff „Sexarbeit“ ab. „Das ist nichts, was man menschenwürdig ausüben kann“, sagt sie.
Schuldig machen sich ihr zufolge nicht nur Bordelle und Zuhälter, die die Notlage von Frauen ausnutzen, schuldig mache sich auch der Gesetzgeber mit viel zu laxen Vorgaben. Aber auch an Freier richtet sie im Podcast Worte, die nichts an Deutlichkeit vermissen lassen.
Und was passiert, wenn sie endlich Anwältin ist? „Dann“, sagt Sandra Norak, „werde ich klagen, klagen, klagen.“
Schon jetzt hat sie einen Verbund gegründet, in dem sich Betroffene von Menschenhandel und Ausbeutung organisieren: ge-stac.com„
…und niemand spricht öffentlich so wirklich darüber.
Den folgenden Text habe ich heute Nacht geschrieben:
„Es ist jetzt 2 Uhr nachts, ich liege gerade im Bett und kann nicht schlafen. Ich liege nicht in meinem Bett, sondern in einem B&B Hotel nahe des Hauptbahnhofs in Nürnberg.
Mir ist kalt, ich habe keinen warmen Pullover dabei, weil der Besuch in Nürnberg wegen eines Termins sehr kurzfristig und ich vorher woanders war. Und ich weiß gar nicht, ob ich diesen Text am Ende veröffentlichen werde, aber meine Gedanken muss ich zunächst runterschreiben.
Ich kann diese Hotels hier um den Bahnhof herum nur schwer ertragen. Dass sich das bis heute nicht geändert hat, spüre ich jetzt gerade sehr stark. Es erinnert mich an die Zeit mit Freiern im Hotel in der Region und auch hier im Bahnhofsbereich. Wäre es nicht so kalt würde ich lieber im Freien anstatt in einem Hotel hier schlafen. Mein Termin morgen ist nahe dem Bahnhof. Diese Umgebung des Bahnhofs und der Mauer, wenn es Nacht wird, das habe ich vorher wieder gespürt… Überall laufen gruselig aussehende Männer rum, die einen anreden, anstarren, anmachen. Ich bin innerlich ständig in Alarmbereitschaft, wenn ich die Gegend des Bahnhofs entlang der Mauer ablaufe. So viele Erinnerungen. So viele ungeahndete Schicksale. Und es läuft weiter. Alles staut sich in mir, ich fühle mich in die Zeit von früher zurückversetzt. Ich kann das „Damals“ spüren als wäre es das „Heute“. Ich habe ganz komische Gefühle, ein Gefühl ist das von erstickter Panik, ich ertappe mich dabei beim Gehen entlang der Mauer die Luft anzuhalten und erinnere mich daran wieder Luft holen zu müssen.
Um ca. 22:30 Uhr, als ich auf Facebook und Instagram den Artikel und das Bild der ermordeten prostituierten Frau online gestellt habe, in deren Fall die Polizei nach Zeugen und Zeuginnen sucht (helft bitte mit: Klick hier), saß ich auf einem Stein am Jakobstor, Eingang Engelhardsgasse (mit FFP2 Maske und halb vermummt, damit meine Identität nicht sichtbar ist). Das ist ein Eingang zur Frauentormauer. Es standen dort rumänische Frauen, die telefonierten und sprachen. Ich blieb kurz (ca. 20 Minuten) dort, setzte mich auf den Stein und damit es weniger auffiel, was ich hier mache, habe ich auf meinem Handy rumgetippt und dann den Artikel gefunden.
Bevor ich mich dort hingesetzt habe bin ich (auch „verschleiert“ mit FFP2 Maske) durch das Tor gelaufen, durch die Engelhardsgasse. Wenn man das Tor hindurchgeht sind in der Querstraße viele Laufhäuser und auch „Milieu“ Kneipen.
Mir rutschte schon mein Herz in die Hose, als ich an der „Herz Dame“ vorbeigehe. Die hieß früher zu meiner Zeit im Milieu anders. Ich fühle mich wie gelähmt und gehe und gehe weiter wie ein Roboter, nehme Gesichter wahr, düstere Gestalten, meine Erinnerungen und meine Angst wird stärker, ich frage mich innerlich, was in aller Welt ich hier eigentlich mache, nachts um halb 11. Nicht nur mich dort aufzuhalten, um etwas zu suchen, sondern auch Fotos zu machen. Fotos zu machen ist nicht gerne gesehen, wenn das jemand sieht.
Naja, dann saß ich da noch auf dem Stein beim Jakobstor und habe gemerkt, dass ich insbesondere von 2 Männern beobachtet werde. Das waren keine Freier.
Einer, bei dem es aussah als ob er dort „patrouillierte“, kam immer näher. Es war eine Körpersprache wie „du bist ein milieuexterner Fremdkörper, was willst du hier, du störst hier“. Wenn man einmal tief im Milieu war, nimmt man die Gestik und Körpersprache von Menschen im Bereich des Rotlichts besonders sensibel wahr. Man kennt es von früher. Andere zu lesen und, wo nötig und möglich, zu deeskalieren bevor es eskaliert, habe ich jahrelang gelernt. Das brauchte ich, um heile zu bleiben. Ich habe das bis heute in mir drin. Bzgl. dieses Mannes habe ich auf meinem Handy weitergetippt und so getan als ob ich ihn nicht sehe.
Dann kam er direkt zu mir, sprach mich an und fragte:
„Warten Sie auf wen?“
Es war kein deutscher Mann. Muskulös.
Ich: „Warum?“
Er: „Weil Sie hier sitzen?“ (Der Ton vermittelte: Das gefiel ihm nicht so. Manche aus dem Milieu verhalten sich auch als sei eine öffentliche Straße ihre Straße, denn Leute im Milieu markieren gern ihr „Revier“. Seien das Frauen oder Orte oder auch Straßen…)
Ich: „Ich warte auf meine Freundin.“ (Habe ich natürlich nicht, weil ich alleine dort war, aber ich musste ihn ja irgendwie wieder loswerden)
Er hackt nach, obwohl ich sehr deutlich „Freundin“ sagte:
„Auf einen Freund oder eine Freundin?“ (Alle anschaffenden Frauen mit Zuhältern „warten“ an der Mauer auf ihre „Freunde“ = Zuhälter. Ich hätte ihm beinahe gesagt, dass ich den „Freund“ = Zuhälter schon hinter mir habe und ich mir das für alle Frauen hier wünsche, aber ich hielt meinen Mund und sagte nur erneut „auf eine Freundin“).
Er sah mich skeptisch an (denn da sitzt normalerweise nachts keine Frau, die nichts mit dem Milieu zu tun hat und auf ihre Freundin wartet) und ging wieder das Jakobstor hindurch in Richtung Laufhäuser.
Ich habe Gründe, wenn ich dort hingehe. Macht das bitte NICHT nach, da nachts hinzugehen. Auch nicht „vermummt“ und mit FFP2 Maske im Gesicht.
An der Frauentormauer ist die Kriminalität hoch. Als ich damals im Milieu war, war die Frauentormauer milieuintern bekannt als mitunter der schlimmste Ort für die Frauen in der Prostitution (meist Betroffene von Menschenhandel und Zwangsprostitution) in der Gegend. Ich habe damals schon kriminelle Leute dort agieren sehen mit denen sich mein Zuhälter traf und ich dabei war.
Dass die Frauentormauer auch heute noch von Kriminalität und auch Gruppierungen, die ich von damals dort schon kannte, geprägt ist, kann man als Außenstehender u.a. auch in Freierforen nachlesen (Beispiele siehe unten) und ein Zeitungsartikel von letztem Jahr verrät ebenso Einblicke, der über einen versuchten Totschlag durch 3 Hells Angels Mitglieder im Bucuresti (Engelhardsgasse – auch gleich dort am Jakobstor bei der Frauentormauer – direkt bei den Laufhäusern) und von schweren Drohungen durch die drei HAMC Mitglieder an einer weiteren Person berichtet:
„Die drei Männer werden mit Fußfesseln in den Saal geführt – die Sicherheit wird groß geschrieben, soll es sich bei den Angeklagten doch um Mitglieder des Motorradclubs Hells Angels handeln…
Der Geschädigte erlitt mehrere Schnittverletzungen, an den Scherben riss er sich die Hüfte auf und zog sich eine 15 Zentimeter lange Wunde zu, dazu kam ein Beckenbruch. Die Glasscherben bohrten sich in einen Hüftknochen und trennten seinen Oberschenkelmuskel vom Hüftknochen. Er wurde gerade noch rechtzeitig in die Notaufnahme gebracht, ohne Hilfe wäre er verblutet…
Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth ist überzeugt, dass die drei Männer bereits zwei Tage vorher einen anderen Mann in Angst und Schrecken versetzten – von ihm wollten sie 10.000 Euro erpressen, zahlbar innerhalb einer Woche.
Es ging dabei nicht um Schulden, vielmehr hatten sie auf die Summe „keinen Anspruch“, wie es der Ankläger formuliert.
Doch die Drohungen waren fürchterlich: Sollte er nicht zahlen, werde man seine Frau als Prostituierte auf den Strich schicken, dem Mann werde man die Leber mit einem Messer herausschneiden, und auch seiner Familie in Rumänien wolle man etwas antun. Völlig eingeschüchtert von seinen Landsleuten wandte sich der Mann an die Polizei.“ Quelle: Kneipenschlägerei in Nürnberg: Rocker sollen Gast fast totgeprügelt haben
Hier noch 3 Freierberichte über die Frauentormauer (die ich schon mal verlinkt hatte; es gibt aber weitaus mehr…):
„Schlimm sind diese ganzen Zuhältertypen, die sich gegenüber von den Schaufenstern postieren und gaffen. Der ein oder andere Typ steht noch an der selben Stelle, nachdem ich ein Mädel gefickt habe und mich wieder vom Acker mache.“ https://huren-test-forum.lusthaus.cc/showthread.php?t=201689&page=12
„Sie zieht ihren Slip aus und ist überall blutverschmiert, sie hat wohl heftig ihre Tage. Außerdem kommen jetzt etliche üble blaue Flecken an Po und vor allem den Schenkelinnenseiten zum Vorschein. Bäh! Da hat sie irgendeiner ziemlich übel misshandelt… Als ich zum Eindringen ihre Beine etwas spreizen und leicht nach hinten drücken will, ich bin sicher nicht grob dabei, protestiert sie und drückt mich weg. Ich sehe trotzdem kurz das Ausmaß der Sauerei, die sie verbergen wollte. Mir vergeht es fast, aber ich bin noch ziemlich geil vom Anwichsen. Bitte um Säuberung, denn so geht das ja wirklich gar nicht. Die Fortsetzung bzw. den Beginn des Aktes will ich dann auch in der Doggy, um es schnell mit wenig Körperkontakt abzuschliessen. Doch sie nimmt dabei eine Körperhaltung ein, in der man(n) praktisch nicht in sie eindringen kann. Meine Versuche ihr klar zu machen, dass das so nicht geht, werden mit: „Gel?“ beantwortet. Meinetwegen… Das wird jetzt auf meinem Gummi aufgetragen, aber nicht an ihrer Muschi. Wieder versuche ich vergeblich vorsichtig in sie einzudringen, doch sie zieht immer weg, bevor ich sie überhaupt berühre... Verlange ziemlich aufgebracht 20 Euro zurück, denn Blasen hat sie noch erfüllt (= 30 Euro), Ficken erfolgreich verhindert. Sie dann ziemlich eingeschüchtert, weil ich wirklich richtig sauer wurde…Dem Bodybuilder Security Typ am Eingangskabuff interessiert das Ganze gar nicht, lässt den völlig kalt. Ich hätte den auch nicht angesprochen (wozu auch?), das hat die blöde Kuh gemacht, die sich die Bezahlungskürzung außerhalb des Zimmers nicht mehr gefallen lassen wollte – finde, ich war dabei echt noch fair für das was sie da abgeliefert hat und ohne dass ich ein Finish hatte. Parteiisch war der Typ auch nicht, was mich eher verwunderte. Glaube, dass sie dann erst recht verärgert war, dass ich mit ihm wirklich null Problem hatte. Er meinte nach meiner Schilderung, was überhaupt los ist, nur: „Blutverschmiert? Ist ja ne Sauerei. Aber die ist vom Fenster, keine Stammbelegschaft, da kann ich nichts machen. Macht das untereinander aus, aber bitte nicht hier im Eingangsbereich…„. https://huren-test-forum.lusthaus.cc/showthread.php?t=172842
Die Frauentormauer in Nürnberg ist von Gewalt und Kriminalität geprägt. Das Rotlichtviertel dort ist eine Unterwelt auf öffentlichen Straßen. Das gehört an- und ausgesprochen und verboten. Nicht nur in Nürnberg.“
Text von heute Nacht zu Ende.
Es ist jetzt ca. 16:30 Uhr, ich bin fertig mit meinem Termin und verlasse Nürnberg und seine Bahnhofsregion inkl. Mauer nun wieder.
Das Gute wird gewinnen. Leider erst nach unzähligen schweren Menschenrechtsverletzungen, weil nicht genügend zugehört, nicht genügend hingesehen wird, dass sich zügig etwas ändern muss. Die Menschen wachen immer mehr auf, aber das geht zu langsam. Wir haben hier keine Zeit. Irgendwann wird die Mauer bzw. die Bordelle dort geschlossen sein und eine Bewusstseinsänderung stattgefunden haben. Es wird noch viel mehr Menschen geben, die es schockierend finden werden, dass etwas so lange unter dem Deckmantel der Legalität nach unseren Gesetzen existieren durfte. Bis dahin ist es noch viel Arbeit, aber diese ist es wert und wir werden immer mehr Menschen im Kampf gegen dieses System. Deutschlandweit, europaweit, weltweit.