Oftmals wird anstatt des Begriffs „Prostitution“ der Begriff „Sexarbeit“ verwendet, den ich konsequent ablehne:
Wenn Prostitution Sexarbeit sein soll und nur eine normale Arbeit wie jede andere, warum antworten die Menschen, wenn ich sie frage (inklusive Freiern), ob sie denn auch ihre Tochter/Schwester/Freundin gerne in dieser Sexarbeit sehen würden, alle (ganz gleich aus welchen Bevölkerungsschichten) immer sofort mit einem direkten „Nein“?
Weil nahezu jeder sehr wohl weiß oder fühlen kann, dass Prostitution keine Arbeit, sondern in ihrer Essenz mit Gewalterfahrungen verbunden ist. Denn der Geldschein ändert nichts daran, dass der Geschlechtsverkehr ungewollt bleibt. Er mag in Deutschland quasi die „rechtliche Grundlage“ sein, aber er kann nicht die inneren Gefühle zum „Akt“ ändern, er kann nicht den Ekel und nicht die innere Traurigkeit abstellen. Nicht den stillen Schmerz. Das alles bleibt. Und sexuell penetriert zu werden, ohne es zu wollen, ist eine sexuelle Gewalterfahrung, daran kann ein Schein nichts ändern. Er ist lediglich das „Schmerzensgeld“ für den erlebten und gefühlten Missbrauch, den man mit „Schauspielkunst“ verbergen soll.
Nur weil ein paar Menschen proklamieren, Prostitution sei eine normale Arbeit, wird sie noch lange nicht zu einer. Nur weil ein paar Menschen behaupten, Prostitution sei nicht gewaltbelastet und nicht gefährlich, ändern sich die diversen Studien zu Prostitution und die dort dargelegten Gewalterfahrungen der Frauen in der Prostitution nicht. Das sind reale Fakten, die nicht weggeredet werden können, nur weil diese Fakten einigen aufgrund ihrer diversen Profitinteressen im Milieu nicht gefallen.
Ganz gleich ob jemand für das Nordische Modell ist oder nicht – Prostitution ist Prostitution und keine Sexarbeit. Sexarbeit ist ein verharmlosender Euphemismus, der die Gewalt in dem Gewerbe verschleiert, die belegbar vorhanden ist:
„Alle Ergebnisse unserer Untersuchung verweisen darauf, dass die von uns befragten Prostituierten nicht nur – wie andere Untersuchungsgruppen – ein hohes Maß an Gewalt in Paarbeziehungen erleben, sondern dass der Kontext der Berufsausübung als Prostituierte mit deutlichen Risiken verbunden ist, körperliche und sexuelle Gewalt, insbesondere durch Freier, aber auch durch Zuhälter, Bordellbetreiber und unbekannte Personen zu erleben…
In Zusammenschau dieser Befunde zur psychischen und gesundheitlichen Situation und der weiter oben aufgeführten Befunde zum Sicherheitsgefühl und zu den Ängsten der befragten Prostituierten lässt sich zusammenfassend feststellen, dass diese Befragten in hohem Maße Gefährdungen und Schädigungen an Leib und Seele ausgesetzt sind…“ (Quelle: Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland – Eine repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland, Im Auftrag des Bundesfamilienministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Teilpopulation 2, Erhebung bei Prostituierten, S. 43, 65)
Manche sagen, sie verwenden den Begriff „Sexarbeit“, um prostituierte Frauen nicht zu stigmatisieren. Aber genau mit diesem Begriff stigmatisiert man die unzähligen von Frauen in der Prostitution, die dort Gewalt erleben und deren erlebte Gewalt man einfach als „Arbeit“ bezeichnet. Anstatt ihre erlebte Gewalt anzuerkennen, wird die Gewalt durch den Begriff „Arbeit“ unsichtbar gemacht. Das lässt viele Betroffenen an sich selbst zweifeln, weil ihr richtiges Erleben und die Einordnung dieses Erlebens als Gewalt von dem Begriff „Arbeit“ in den Schatten und damit in Frage gestellt wird. Sie zweifeln an sich selbst, denken oft, sie müssen es aushalten können. Es sei ja nur eine „Arbeit“.
Nein. Ist es nicht.