Ich habe heute den Kommentar eines Freiers gefunden und möchte euch einen Auszug davon zeigen:

Ich weiß, dass u.a. viele Freier hier auf meiner Seite lesen, denn ich sehe immer wieder Verlinkungen aus Freierforen auf meine Seite, zum Beispiel diese hier: https://huren-test-forum.lusthaus.cc/showthread.php?t=290565
Was haben wir oben im Text also für ein „Freierexemplar“?
Einen jener Freier, die über andere Freier schimpfen und sich selbst als die Tollen darstellen, weil sie sich – zum Beispiel wie der Freier oben – zuvor geduscht haben und den ausgemachten „Service“ einhalten.
Dann ist dieser Freier oben im Text ja wirklich noch so vermeintlich überzeugt von sich und denkt, er könne einer Frau, die er dafür bezahlt, dass sie sich von ihm penetrieren lassen muss, „ein Lächeln ins Gesicht zaubern“.
Nun, gelächelt habe ich damals auch oft. Allerdings, weil ich es musste und nicht, weil das Lächeln echt war. Zu lächeln und so zu tun, als ob es einem gut geht, ist Teil des „Geschäfts“. Viele Frauen versuchen es zumindest, müssen es versuchen. Man versucht zu lächeln und freundlich zu sein, während man innerlich gerade stirbt. Manche Frauen, die „neu“ in das Milieu kamen, tranken wenig bis gar keinen Alkohol zuvor (wie ich anfangs) und man konnte die Tage zählen, bis sie massenhaft Alkohol tranken, denn ohne Alkohol und/oder Drogen ist es – jedenfalls auf Dauer – nicht möglich, freundlich zu sein und zu lächeln, während man fühlt, sexuell missbraucht zu werden. Und das bis zu 10 – 20 Mal am Tag. Von anderen kenne ich noch höhere Zahlen.
In der Prostitution wird nicht nur von einem erwartet, dass man es aushält und über sich ergehen lässt, sondern es wird darüber hinaus erwartet, dass man Freiern „ein Lächeln“ schenkt, was diese dann so interpretieren können wie der Freier oben im Textausschnitt, nämlich dass sie den Frauen „ein Lächeln ins Gesicht zaubern“.
Dass dieses Lächeln nicht echt ist, wissen die allermeisten Freier, denn es gibt immer Momente, in denen der Gesichtszug aufgrund von unerträglichen Schmerzen und des Nachlassens der Wirkung des Alkohols entgleitet. Das habe ich auch im Hinblick auf andere Frauen beobachten können, wenn ein Freier zwei Frauen haben wollte und ich mit einer anderen Frau und diesem Freier auf Zimmer war. In manchen Momenten, wenn ich gerade nicht „an der Reihe war“, konnte ich die Freier und das, was da gerade zwischen dem Freier und der Frau geschah sowie Augen, Mimik und Gesichtsausdrücke besonders gut beobachten, was mir das Herz zerbrochen hat, denn MAN SIEHT DIE GEWALT, auch dann, wenn die Frau versucht, es nicht als solche aussehen zu lassen. Viele Freier erregt es auch, wenn sie merken, dass man Schmerzen hat und sie sehen, dass man damit kämpft, sich das Weinen zu verkneifen, oder es ist ihnen schlicht einfach egal, ob man lacht oder weint, man wird als lebende Puppe behandelt, die die ausgemachte Zeit herzuhalten hat. Dass es einem schlecht geht, wird von Freiern entweder toll gefunden, als Teil der Machtausübung und Erniedrigung, oder es wird ignoriert. Sie sehen es, aber sie wollen ihren Spaß, sie wollen das, wofür sie bezahlt haben. Momente, in denen der Schmerz mehr als sichtbar wird, blenden sie aus, erwähnen ihn nicht und erzählen dann lieber – ähnlich zum Freier oben – nur von dem „Lächeln“ der Frau, dessen Aufgesetztheit im Übrigen jeder halbwegs normale Mensch mit auch nur ein bisschen Empathie spüren kann.
Der Freier oben sagt, dass er sich duscht und den „Service“ einhält.
Dadurch entsteht aber dennoch kein sexueller Konsens auf Seiten der prostituierten Frau, wirklich mit diesem Menschen intim werden zu wollen. Da kann er sich 20 Mal duschen und schrubben und sich das teuerste Parfum draufsprühen und die Frau in ein 5 Sterne Hotel mit Rosen auf dem Bett empfangen: Eine gefühlte Vergewaltigung, ein gefühlter Missbrauch, ändert sich nicht dadurch, dass jemand nicht stinkt, den „Service“ einhält und dich im Luxushotel empfängt. Ein abwegiger Gedanke, eine ungewollte Nähe und Penetration würde dadurch „nett“, „respektvoll“ oder was auch immer, weil die äußeren Umstände „gut“ sind. Missbrauch ändert sich nicht dadurch, dass man die äußeren Umstände um ihn herum „schön“ gestaltet und versucht, ihn damit „respektvoll“ auszuüben, was im Übrigen auch gar nicht geht. Schmerz ist Schmerz, seelisches Leid ist seelisches Leid, egal ob in einem Keller auf einer schäbigen Matratze oder im Himmelbett mit Champagner und Erdbeeren neben dran, egal ob ein Mensch geduscht oder ungeduscht ist.
Schlimmer geht natürlich immer. Zum Beispiel wenn Freier Drogen genommen haben und handgreiflich werden. Steigerungen von Missbrauch und Gewalt gibt es immer. Dass es immer schlimmer geht, bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass duschen und vermeintliches gut riechen sowie „Service“ einhalten dazu führt, dass es nicht schlimm ist. Viele meiner Freier hatten Parfum dran, wo andere sagen würden: Das riecht doch gut. Nach meinem Ausstieg bekam ich Flashbacks, wenn ich die Parfums meiner damaligen Freier irgendwo an anderen Männern oder in Geschäften gerochen habe. Da es sehr viele Freier und daher sehr viele Parfums waren, war das keine Seltenheit.
Missbräuchliches Verhalten ist und bleibt missbräuchliches Verhalten und man kann es nicht dadurch ausschalten, dass man gut riecht oder sich duscht. Im Gegenteil: Der Geruch wird Teil des Missbrauchs und dann oft zum Triggerpunkt als Traumafolge.
Dass viele meiner Freier sich geduscht und den „Service“ eingehalten haben, hat übrigens an der Tatsache, dass ich von Menschenhandel und Zuhälterei betroffen war und lange Zeit nahezu alles abgeben musste, nichts geändert. Meine Zwangsprostitution ist durch die Dusche und das Parfum eines Freiers nicht schöner geworden.
Gehobener Escort muss auch nicht immer Selbstbestimmtheit heißen, denn Zuhältern ist es natürlich auch lieber, wenn sie pro Stunde mehr kassieren können als in irgend einem Bordell. Als ich im Flat-Rate-Bordell war, musste ich erstmal 15-20 Freier machen, bis mein Zuhälter am Ende des Tages zwischen 150-200 Euro in der Hand hatte, je nachdem wieviel eine Frau pro Freier bekam (was davon abhing wie oft ein Freier mit seiner an den Betreiber gezahlten Pauschale auf Zimmer ging). Durch den Escort und die Haus- und Hotelbesuche bekam ich das oder mehr in 1 Stunde.
Nicht vom Schein trügen lassen:
Nur weil etwas nach außen hin wie Selbstbestimmtheit aussieht, muss noch lange keine dahinter stecken. Nur weil eine prostituierte Frau lächelt, weil sie es – aus unterschiedlichen Gründen – muss, ist dieses Lächeln nicht echt. Nur weil eine prostituierte Frau sagt, dass es ihr gut geht und alles ok ist, weil sie es – aus unterschiedlichen Gründen – muss, heißt das noch lange nicht, dass es auch so ist.
Ich hatte viele Freier, die so geredet haben wie der Freier oben im Textausschnitt – und sie haben mich ganz besonders angewidert, weil sie den von ihnen begangenen Missbrauch verleugnet haben. Die Leugnung von Missbrauch und das Verdrehen von Dingen (z.B. als wäre der Missbrauch etwas „Nettes“), kann auf der emotionalen Ebene noch schwieriger zu ertragen sein.